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Meine Olympischen Spiele in Rio

Kategorie: Wassersport

Schon seit ich denken und natürlich schwimmen kann, habe ich davon geträumt, einmal bei den olympischen Spielen an den Start gehen zu dürfen. Dieser Kindheitstraum hat sich nun, nach vielen Jahren voller Entbehrungen, hartem Training und vielen positiven sowie negativen Gefühlslagen, für mich erfüllt. Ich hatte mein Ziel, die Olympiateilnahme in Rio, erreicht und konnte dort mein Land, zusammen mit 450 deutschen Sportlern vertreten.

Die letzten Vorbereitungen 

Einkleidung für Rio

Schon vor Beginn der großen Reise hatten wir ein Highlight in Hannover. Dort stand Anfang Juli die Einkleidung auf dem Plan. Der Ausrüster für Olympia war Adidas, jeder Teilnehmer hat das gleiche, riesige Paket an Ausstattung bekommen, sodass wir alle einheitlich in Rio antreten konnten. Nach der Einkleidung hatte ich noch ein paar Tage zu Hause, um mich auf das Abenteuer Olympia vorzubereiten und natürlich weiterhin hart zu trainieren.

Am 18. Juli ging mein Flieger Richtung Brasilien, aber leider noch nicht nach Rio. Für die deutschen Schwimmer ging es noch für drei Wochen in ein Vorbereitungstrainingslager nach Florianopolis. Im Vordergrund standen hier die Akklimatisierung und die Gewöhnung an die anderen Wettkampfzeiten.

Die Klimaumstellung war nicht weiter schlimm, da in Brasilien Winter war. Die Temperaturen waren etwas kühler als in Deutschland. Doch die Umstellung der Trainingszeiten hatte es schon in sich! Da unsere Wettkampfzeiten bei Olympia auf 13-15 Uhr und 22-24 Uhr gelegt wurden, mussten wir unseren kompletten Tagesablauf umstellen. Normalerweise beginnen die Schwimmwettkämpfe bei uns immer gegen 9 Uhr oder 17 Uhr. Nach ca. einer Woche war man aber komplett umgestellt und die Spannung auf Rio stieg von Tag zu Tag etwas mehr.

Eröffnungsfeier im Fernsehen

Der letzte Tag im Trainingslager war für uns ein sehr besonderer, es war der 5. August – Tag der Eröffnungsfeier. Und wir waren noch über eine Flugstunde von Rio entfernt und mussten uns das Spektakel über den Fernseher anschauen. Es war wirklich schade, dass wir nicht live dabei sein konnten und nicht mit den anderen deutschen Spitzensportlern in das große Maracanã Stadion einlaufen durften. Nichtsdestotrotz waren wir wirklich glücklich, als der Tag vorbei war und wir am nächsten Tag dann auch endlich nach Rio reisen konnten.

Unsere Unterkunft im Olympischen Dorf

Der 6. August war also der Beginn für „meine“ Olympischen Spiele und der Eröffnungstag der Schwimmwettbewerbe. Nachdem die Medien schon viele negative Berichte über das Olympische Dorf veröffentlicht hatten, war meine Erwartungshaltung gar nicht mehr so hoch. Wir haben gegen Nachmittag das Dorf erreicht, mussten zunächst durch einige Sicherheitskontrollen und wurden dann akkreditiert. Nur war es endlich soweit, wir konnten das Dorf beziehen. Die Spannung stieg nun doch immer mehr, je näher wir dem deutschen Block, unserer Unterkunft für die nächsten zwei Wochen, kamen.

Fünf andere Schwimmmädels und ich bewohnten ein Appartement in der 12. Etage, wir hatten einen großen Wohnbereich mit Balkon, einen Küchenbereich, zwei Bäder und vier Schlafzimmer. Ich hatte leider nicht ganz so viel Glück mit meinem Schlafzimmer, denn es war mit Abstand das Kleinste und es war für zwei Personen. Das sollte mich aber nicht weiter stören, da ich ja nicht wegen der „Wohnung“ in Rio war, sondern um möglichst viel von dem olympischen Flair „aufzusaugen“.

Mein Schlafzimmer

Die ersten Tage vergingen wie im Fluge, außer dem Appartement, der Mensa und der Schwimmhalle, habe ich nichts zu Gesicht bekommen. Am 9. August haben mich dann meine Eltern im Olympischen Dorf besucht. Das war nach rechtzeitiger Anmeldung und vielen Formalitäten doch ziemlich reibungslos. Meine Eltern und ich erkundeten dann also zusammen das Dorf. Es tat sehr gut, nach vielen Wochen meine Eltern einmal wieder in meiner Nähe zu haben.

Der wichtigste Wettkampftag meiner Karriere 

Nachdem ich dadurch noch einmal viel Energie gesammelt hatte, lag nun all meine Konzentration auf meinem Wettkampftag, dem 11. August. Mein wichtigster Wettkampftag in meiner Karriere war gekommen und ich konnte es kaum noch abwarten, endlich ins Wasser zu springen. Ich wusste, dass ich gut drauf bin und dieses Jahr härter trainiert habe als je zuvor. Dieses Gefühl stimmte mich sehr positiv und dämpfte meine Aufregung enorm.

Persönliche Bestzeit - überwältigendes Gefühl!

Ich zog meinen Wettkampfanzug an und ging in Richtung Start. 200m Rücken standen heute für mich auf dem Programm. Im Mai bei den deutschen Meisterschaften wurde ich mit meiner neuen persönlichen Bestzeit (2:08,97 Min.) Deutsche Meisterin. Mein Ziel war es, bei den Olympischen Spielen schneller zu schwimmen!

Der 200m Rückenvorlauf lief für mich perfekt, all meine Erwartungen wurden komplett übertroffen und ich wusste, dass ich da noch eine Schippe drauflegen konnte. Mit einer Zeit von 2:08,69 Min. bin ich nicht nur persönliche Bestzeit geschwommen, sondern konnte mich auch als vierte ins Halbfinale schwimmen. Ich war komplett überwältigt und meine Gedanken kreisten schon bei dem Halbfinale am Abend. Nun stand aber erst einmal die Regeneration an höchster Stelle. Das bedeutet: viel ausschwimmen, gut essen, ein Schläfchen und eine Massage.

Mein Halbfinale 

In der Olympia-Schwimmhalle

Um 22 Uhr ging es dann für mich das zweite Mal ins Wasser, die Aufregung war komplett verflogen und die Vorfreude auf das Rennen war riesig. Der Start lief komplett daneben, sodass ich gar nicht in meinen Rennrhythmus fand. Es war ernüchternd. Nach 2:09,57 Min. (13. Platz) schaute ich an die Anzeigetafel und wusste, dass mein Traum von einem olympischen Finale gestorben war. Man kann seine Empfindungen, die Wut und die Enttäuschung gar nicht in Worte fassen, aber das ist nun einmal Sport. Natürlich habe ich noch eine ganze Zeit gebraucht, um mir die positiven Dinge von den beiden Rennen abzugewinnen. Eine persönliche Bestzeit und neue internationale Erfahrung, sind auch ganz viel wert. Das war also mein olympischer Moment, auf den ich viele, viele Jahre hingearbeitet habe.

Olympisches Flair nach meinem Wettkampf 

Yannick Agnel- Olympiasieger 2012 und ich

Nun begann für mich der entspannte Teil in Rio. Wir Schwimmer durften bis zum Ende der Spiele vor Ort bleiben. Wir hatten noch 9 Tage, um Olympia auf uns wirken zu lassen. Nachdem die Schwimmwettbewerbe am 13. August beendet waren, wurden wir alle zu einer Schwimmerparty an den Ipanema-Strand eingeladen. Es war der Wahnsinn, an der Seite von „frisch erschwommenen“ oder ehemaligen Olympiasiegern, bis zum Morgengrauen zu feiern. Zum Beispiel habe ich dort Yannick Agnel, den Olympiasieger von 2012 und ehemaligen technischer Partner von Nabaiji, getroffen.

Die nächsten Tage verliefen für mich relativ entspannt. Wenn das Wetter passte, fuhren wir zum Strand und vergnügten uns stundenlang in den Wellen oder legten uns einfach an den Pool. Leider bestand nicht die Möglichkeit sich die Sportevents anzuschauen, die einen wirklich interessierten. Das deutsche Team bekam immer nur eine bestimmte Anzahl von Tickets für bestimmte Sportarten. Da dieses Kontingent leider immer sehr schnell vergeben war, konnte ich mir „nur“ Wasserspringen, Leichtathletik und Hockey anschauen. Das ist wirklich traurig, dass Olympiateilnehmer kaum Tickets für andere Wettkämpfe bekommen.

Am Abend ging es dann oft in das deutsche Haus, wo wir gemeinsam die deutschen Medaillengewinner feierten. Das deutsche Haus war ein Ort, an dem Athleten, Funktionäre und Eltern zusammenkamen und sich gegenseitig austauschen konnten.

Die Abschlussfeier in Rio – endlich mit einlaufen! 

Die olympische Abschlussfeier in Rio

Die Zeit verflog schneller als erwartet, sodass der Abend der Abschlussfeier nicht lange auf sich warten ließ. Da ich nicht bei der Eröffnungsfeier dabei sein konnte, hatte ich große Erwartungen und habe mich sehr gefreut, mit in das Stadion einlaufen zu dürfen. Zunächst mussten wir eineinhalb Stunden bis zum Maracanã Stadion fahren, danach mussten wir Sportler noch knapp zwei Stunden in den Tunneln des Stadions warten, bevor es endlich losging. Pünktlich zum Einmarsch in das Stadion, fing es an zu regnen. Wir Sportler saßen in der Mitte des Stadions, sodass wir also komplett zwei Stunden den Regen ausgesetzt waren. Die Show war wirklich gut aufgezogen, aber leider hat man aus unserer Perspektive nicht ganz so viel sehen können.

Für mich war es auf jeden Fall ein einmaliges Erlebnis und ich bin wirklich froh, ein Teil der deutschen Olympiamannschaft gewesen zu sein! :-)

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